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Nachgefragt bei Martin von 55BirchStreet

Wie begann Martins Weg in die Beratung? Was sind aktuelle Fragestellungen, mit denen er heute seine Kunden unterstützt? Gibt es Unterschiede zwischen "großen" und "kleinen" Beratungen? Und was ist Beratung für ihn persönlich? All das und mehr in unserem Interview.

@VICEVERSA | Der Consulting-Blog von White Label Advisory | Nachgefragt | Martin Orthen von 55BirchStreet: Leidenschaft für Menschen und Projekte

Hallo bei "Nachgefragt" - dem 5-½ Fragen Advisor-Interview von White Label Advisory. Heute mit Martin Orthen, dem Gründer und Geschäftsführer der 55BirchStreet GmbH aus Hamburg.

Hi Martin, direkt zu Beginn ein kleines Warm-Up: Magst du dich kurz vorstellen?

Mein Name ist Martin Orthen und ich bin gemeinsam mit Benjamin Plass Gründer und Geschäftsführer von 55BirchStreet. Wir sind ein kleines, aber vielseitiges Team, das sich auf digitale Transformation und Projektmanagement fokussiert.

Seit über 20 Jahren begleite ich nun branchenübergreifend Kunden in meiner Rolle als Unternehmensberater. Mein erster Schritt in die Beratung war eher zufällig: Nach dem Studium (BWL bzw. Economics) bin ich bei einer Karrieremesse erstmalig in Kontakt mit verschiedenen Unternehmensberatungen gekommen.

Nach einigen Einladungen, Interviews mit diversen Beratungen und den obligatorisch folgenden Assessment Centern, bin ich bei Accenture (damals noch Andersen Consulting) gelandet. Weder hatte ich zu diesem Zeitpunkt einen genauen Plan, was eine Unternehmensberatung so macht, noch war es das von mir angestrebte Ziel, unbedingt als Berater meine Karriere zu starten. Aber ich fühlte mich sofort wohl und habe geahnt: In der Beratung werde ich eine Menge lernen können! Das Gefühlt hält bei mir bis heute an.

 

Mit White Label Advisory versuchen wir, Beratung neu zu denken. Mit welchen 3 Top-Themen sollte sich Beratung in der Zukunft befassen?

Wir unterstützen unsere Kunden bei der Umsetzung digitaler Transformationsprojekte, organisatorischen Veränderungen und komplexen Programmen.

Unser Selbstverständnis bei 55BirchStreet ist es, dass wir als Partner auf Augenhöhe mit unseren Kunden interagieren. Die Fragestellungen der heutigen Zeit lassen es in vielen Fällen nicht mehr zu, dass „der Externe“ die eine Lösung kennt, sondern diese muss im partnerschaftlichen Dialog mit dem Kunden entwickelt werden. Auf dieser gemeinsamen Reise begleiten wir den Kunden mit Erfahrungen aus ähnlichen Situationen oder Branchen und adaptieren diese in seinen Unternehmenskontext. Im Klartext: Wir bringen eine Perspektive mit, die der Kunde aufgrund seines unternehmerischen Fokus nicht hat. Zum Beispiel: Was kann ein Kunde in der Bauindustrie von einem eCommerce Händler lernen?

Eines der Top Themen wird sicherlich das allseits-präsente, doch häufig missverstandene Buzzword Digitalisierung sein. Uns alle beschäftigt: Wie werden sich Geschäftsmodelle durch den Einsatz neuer Technologien verändern? Damit einher geht die Veränderung der Arbeitsweisen (Stichwort „New Work“) und organisatorische Neuausrichtung. Letztlich werden auch Themen wie Effizienz immer wieder aktuell sein, da der Wettbewerbsdruck, gerade auf uns als Hochlohnland, durch Asien und zukünftig auch Afrika zunehmen wird.

Unser Credo ist, dass wir als Partner auftreten – das heißt, jeder bringt etwas mit an den Tisch, was die andere Partei so nicht hat. Häufig: Branchenexpertise vs. Erfahrung in der Umsetzung komplexer Organisationsveränderungen. In diesem Zusammenhang stört uns auch immer die Branchenbezeichnung „Berater“ oder „Consultant“, da wir als Partner mit dem Kunden arbeiten – uns ist nur noch kein besserer Begriff eingefallen!

 

Beratung ist People-Business. Auch wenn digitale Vertriebs- und Beschaffungswege dabei helfen, die passende Beratungsleistung einzukaufen, arbeiten am Ende immer Menschen miteinander. In welchen Projektsituationen - im Positiven wie im Negativen - spielte der "persönliche Fit" die entscheidende Rolle?

Die fachlich inhaltliche Leistung ist in unseren Augen meist nicht der differenzierende Faktor. Es gibt in Deutschland tausende von Beratungsunternehmen, die hinsichtlich der inhaltlichen Aufstellung bzw. Branchenaufstellung ähnlich unterwegs sind.
Was den Unterschied in der Beziehung zu dem Kunden ausmacht, ist das Vertrauensverhältnis zueinander – und dies beruht auf der persönlichen Beziehung. Wir haben einen Kunden, mit dem wir heute sehr eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten, bei dem wir am Anfang einen kapitalen Fehler gemacht haben.

Der Kontakt zu diesem Kunden kam durch eine persönliche Ansprache aus einem Business-Netzwerk zustande. Wir verabredeten uns zu einem telefonischen Austausch, wo wir mehr über das anstehende Projekt erfahren und uns vorstellen sollten. Leider fiel der Termin auf meinen Geburtstag und schon war es passiert: der Termin ging im Trubel der Gratulationen und Geschenke unter. Erst eine Stunde später erkannte ich das Dilemma und rief sofort bei dem Kunden an. Selbstverständlich war es mir sehr peinlich und die Projektleiterin war nicht gerade begeistert... Der erste richtige Kontakt und dann so eine Performance! Nach einer Entschuldigung und der Erklärung, dass es mein Geburtstag sei, machte sie mir dann das Geschenk des Tages: die Verabredung eines neuen telefonischen Termins. Dieser passte dann bezüglich der Themenstellung und persönlichen Chemie vollkommen, so dass wir eine Woche später schon zum Pitch bei der Geschäftsführung antreten durften. Vor der Geschäftsführung habe ich mich dann erstmal für die zweite Chance bedankt und für diesen Fauxpas entschuldigt. Der Geschäftsführer fand dies sehr offen und ehrlich und zwei Wochen später konnte das Team mit dem Projekt starten.

Ich persönlich glaube, dass dieses Projekt, hätten wir in dieser Situation nicht den persönlichen Fit zum Kunden gehabt, nicht zustande gekommen wäre.
Jeder Kunde wird von einer Vielzahl an Beraterinnen und Beratern kontaktiert, die Leistungen anbieten und alle positionieren sich als die besten, passendsten und wissenden Expertinnen und Experten für die Belange des Kunden.
Wir wissen, dass unsere inhaltliche Leistung nicht unsere Monopolstellung ist – wohl aber unser Team, das dies umsetzt.

Ein Kunde hat uns mal als „sympathisch unangenehm“ bezeichnet und dies drückt unsere Kultur und unser Auftreten beim Kunden sehr gut aus. Sympathische, menschliche Typ*innen, die aber im Projekt wissen, wo es lang geht, die Kunden auf allen Ebenen challengen, antreiben und die Themen mit Charme, Witz und außerordentlicher Energie umsetzen.

 

02 Beitragsbild_Martin OrthenWie ein verpasster Pitch-Termin bei einem potentiellen Neukunden am eigenen Geburtstag doch noch zu einem gewonnenen Projekt führt. Die Anekdote von Martin Orthen von 55BirchStreet zeigt, wie man eine zweite Chance nutzen kann und warum der persönliche Fit im Einkauf von Beratungsleistungen so wichtig ist.

 

Bei White Label Advisory finden Klienten hauptsächlich mittelständische Beratungsunternehmen. Was ist für dich - neben der offensichtlichen Größe - ein wesentlicher Unterschied zu den "Big Playern" im Beratungsmarkt? Und was schätzen eure Kunden in der Zusammenarbeit mit euch?

Da ich sowohl die Welt der großen Beratungen viele Jahre erleben durfte und heute die Arbeit im kleinen Team präge und schätze, kann ich die Unterschiede und jeweiligen Vorteile recht gut bewerten.

Ist in einer kleineren Beratung die Spezialisierung höher? Nicht per se. Auch die großen Beratungen haben Experten für spezialisierte Fragestellungen und im Umkehrschluss kann auch ein kleines Team aus Generalisten erfolgreich sein.


Ist die Kultur in einer kleineren Beratung besser? Kann man so nicht sagen. Auch in den großen Beratungen ist man meist in kleineren, auf Industrien oder Technologien ausgerichteten Einheiten organisiert, die wiederum Identifikation, Team-Spirit und Wertschätzung hoch halten, wie es sonst eher die kleinen tun.


Ist es ein Vorteil für den Kunden, mit einer kleineren Beratung zusammenzuarbeiten? Auf jeden Fall! Als kleinere Beratung ist für uns jeder Kunde wichtig. Wir können es uns nicht erlauben, bei einem Kunden „verbrannte Erde“ zu hinterlassen oder einen Kunden nur „fast“ zufrieden zu stellen. Jedes einzelne Projekt erfordert von uns Bestleistung, da das Ergebnis große Auswirkungen auf die Zukunft unseres Unternehmens haben kann.

Kleinere Beratungen haben in der Regel eine sehr enge und persönliche Bindung zu ihren Kunden, arbeiten im Team häufig auch über einen längeren Zeitraum mit dem Kunden zusammen und haben ein Interesse, in „den Schuhen“ des Kunden zu gehen. Das funktioniert nur mit zufriedenstellender Leistung und wachsenden Beziehungen. Zudem sind kleinere Beratungen oft flexibler hinsichtlich der vertraglichen Ausgestaltung. Da kommen nicht immer direkt die Juristen, um Verträge zu prüfen und Risiken zu minimieren, sondern hier zählt auch der Handschlag noch.

Was außerdem für eine kleine Beratung spricht: In meinen Augen können sich kleinere Beratungen besser in die Kultur des jeweiligen Kunden einbinden. Die eigene Kultur passt sich dann schon mal der Kundenkultur an, während die großen Beratungen versuchen, den Kunden zu „erziehen“.

 

Angenommen, du könntest einmalig die Titelseite einer großen Tageszeitung bestimmen und hättest somit die Möglichkeit, Millionen Menschen in Deutschland zu erreichen. Was würdest du tun?

Wenn die Financial Times folgenden Titel zeigen würde, dann würde bei uns Konfetti fliegen: Nicht der Name der Beratung steht für Qualität – sondern die Leistungsbereitschaft des Teams. Diese Studie zeigt den Mehrwert der Consulting-Boutiquen, die gegen den Strom schwimmen.

 

Beenden möchten wir unser Interview mit der offenen Nachfrage, was Beratung für dich persönlich bedeutet – und einer Antwort, die beginnt mit: "Beratung ist ..."

Beratung ist nicht ganz der passende Begriff für das, was wir machen:

  • Unser Motor ist die Leidenschaft für Menschen und Projekte.
  • Unser Antrieb ist die Umsetzung von neuen Themen.
  • Unsere Energie ist das kontinuierliche Lernen, Ausprobieren und Weiterentwickeln.

Beratung ist für mich das Gestern zu beherrschen, das Heute zu hinterfragen und das Morgen vorzubereiten.

Lieber Martin, vielen Dank für deine Zeit, die spannenden Einblicke in deinen Beratungsalltag und deine Sicht auf den Beratungsmarkt.

 

Mehr über Martin und 55BirchStreet erfahrt ihr auch auf deren LinkedIn Profil und ihrem Blog "BirchTank" unter: https://www.55birchstreet.com/birchtank-unser-blog